Das Klischee in der Fernsehwerbung ist wunderbar: Draußen klirrende Kälte, der Schnee ist wie Puderzucker auf Feld und Wald gestreut, und die Großfamilie versammelt sich glücklich und zufrieden um den Tannenbaum – natürlich bei Kerzenschein und Plätzchenduft. „Doch dieses beschauliche, harmonische Idyll, ist selten Realität. Für viele wird Weihnachten zur stressigen Zeit“, sagt Gabriele Holland-Junge von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung. Die Erfahrung ist auch: „Weihnachten ist auch die ideale Zeit für Teenager, um gegen ihre Eltern zu rebellieren und diese an die Grenze zu bringen.“ Für Familien lohnt es sich daher schon, sich im Vorfeld Gedanken darüber zu machen, wie Weihnachten ablaufen, riechen, schmecken soll.
Die Expertin rät: „An Weihnachten braucht es manchmal ein kleines Drehbuch, ein Mindestmaß an Regie. Von Vorteil ist es, wenn sich alle frühzeitig überlegen, wie sie diese Tage gestalten möchten. Über Wünsche und gegenseitige Erwartungen sollte offen gesprochen werden. Sonst gibt es zu viele überraschende Fallstricke, die die Stimmung verderben können.“
Und dann tauchen da plötzlich Fragen auf: Wer ist fürs Putzen, Schmücken, Essenzubereiten verantwortlich, so dass sich keiner bei der Verteilung der Aufgaben ungerecht behandelt fühlt? Hier lohnt sich der Blick auf die Fähigkeiten und Talente, die die einzelnen Familienmitglieder einbringen können. „Weihnachten lädt die Familie ein, sich Raum zu geben zum Erleben schöner Momente. Da darf auch mal etwas schief gehen – Weihnachten ist ein sehr menschliches Fest“, so Holland-Junge.
Tipps für ein gelingendes Weihnachten von der KJF Erziehungs-, Jugend- und Familienberatung
Muss der Ablauf des Heiligen Abends in jedem Jahr gleich sein?
Dabei gehen die Vorstellungen von Eltern und Kindern oft weit auseinander. Das Beste ist, wenn der Ablauf vorher mit allen besprochen wird, jeder ihn kennt und ihn mittragen kann. Vielleicht entwickeln sich so neue Familienrituale, an die bisher noch gar niemand gedacht hat.
Brauchen wir ein mehrgängiges Menü?
Nicht unbedingt, vielleicht kann auch ein gemeinsam hergerichtetes Büffet gemeinschaftsfördernder sein. Gerade Kinder und Jugendliche zeigen gerne ihr Können und sind unendlich stolz, wenn auch sie ihren Teil dazu beitragen können.
Mit wem Weihnachten verbringen?
Für die einen gehört Weihnachten ausschließlich der Familie. Andere würden auch gerne ihre Freunde mit am Tisch sitzen haben oder diese an den Festtagen besuchen. Jugendliche haben andere Vorstellungen, wie sie das Fest feiern möchten – und das sollte nicht erst an Heiligabend abgesprochen werden. Die Stimmung aller Beteiligten geht nach unten, wenn die Eltern in der Familienromantik baden und der Jugendliche plötzlich sagt, dass er jetzt weg muss. Wichtig ist es auch hier, Kompromisse zu finden, dem anderen zu erklären, warum ihm ein Ritual wichtig ist oder warum das Treffen für den Jugendlichen mit Freunden ebenfalls zu seinem Recht kommen sollte.
Wie viele Verwandte besuchen?
Was das Thema Verwandte angeht, gibt es kein Patentrezept. Die Zahl der Termine und Ortswechsel muss aber erträglich und umsetzbar bleiben. Die Wünsche sind verständlich, Kinder und Enkel oder die eigenen Eltern sehen zu wollen, besonders wenn die Angehörigen sehr weit weg wohnen. Und sie sollen auch bei der Planung nicht übergangen werden. Auch hier lassen sich Lösungen finden, die für alle zufriedenstellend sein können. Lässt sich eine Regelung mit der Familie schwer an Weihnachten realisieren, gibt ja auch noch die Tage zwischen den Jahren. Möglicherweise kann man auch im jährlichen Wechsel die einen und die anderen Verwandten besuchen.
Was und wie viel schenken?
Gerade der Bereich Geschenke ist sehr sensibel, und hier setzen sich Familien sehr unter kommerziellen Druck. Manchmal ist es heilsam zu erleben, dass weniger auch mehr sein kann.
Wie können Patchworkfamilien Weihnachten feiern?
Für Trennungs- und Patchworkfamilien kann die Gestaltung und Organisation des Weihnachtsfestes zu einer großen Herausforderung werden. Diese gelingt, wenn Eltern im Vorfeld klare Regelungen und Absprachen zum Wohle ihrer Kinder treffen. Es ist aber auch ganz normal, dass Kinder, deren Eltern getrennt sind, in dieser Zeit eine gewisse Trauer spüren. Dies kann ebenso auf die Eltern zutreffen. Sie erinnern sich an frühere Rituale und gemeinsame Erlebnisse, die sie miteinander hatten. Gerade in dieser Zeit benötigen Kinder Zuwendung und Unterstützung, um über ihre Gedanken und Gefühle zu reden. In dieser Zeit sollten Eltern auch darauf achten, dass es ihnen selbst gut geht.